Fachtagung Rind 2017

Am 28. November 2017 fand die 21. Zentrale Fachtagung für Rinderhalter des Ostalbkreises statt. Frau Prof. Dr. Barbara Benz, HfWU Nürtingen referierte zum Thema: "Tierwohl – warum erheben wir tierbezogene Indikatoren?". Das Thema Tierschutz und Tierwohl ist in aller Munde. Seit 2002 ist der Tierschutz bereits als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Deshalb sind die Tierhalter dazu verpflichtet im Rahmen einer betrieblichen Eigenkontrolle die Tiergerechtheit der Haltung zu

prüfen. Ziel dabei ist eine Sensibilisierung bzw. Stärkung der Eigenverantwortung des Tierhalters in Tierschutzfragen. Hierzu benötigen die Betriebsleiter möglichst objektive Prüfgrößen, um mit vertretbarem Aufwand die Tiergerechtheit in ihrem Betrieb einzuschätzen und gegebenenfalls verbessern zu können. Als Leitfaden hat die KTBL die Schrift: "Tierschutzindikatoren - Vorschläge für die betriebliche Eigenkontrolle" herausgebracht. Frau Benz geht davon aus, dass eine verpflichtende Dokumentation auf alle Fälle kommen wird.

 

Was nützt es uns Indikatoren zu erheben? Der Grundgedanke ist keine Schikane,

sondern eine strukturierte Datenaufnahme, welche eine Schwachstellenanalyse,

eine "Überwindung der Betriebsblindheit" und darauf aufbauend Hinweise fürs Management liefern soll. Um die eigenen Werte besser einstufen zu

können, ist als Status-Quo ein Datensatz einer repräsentativen Stichprobe von

Praxisbetrieben in Verbindung mit Literaturwerten hinterlegt. So kann man die

eigenen Kennwerte mit den Zielgrößen und Grenzwerten vergleichen und den

eigenen Betrieb besser einordnen. Im Zuge dessen kann Optimierungspotential

aufgedeckt werden und Maßnahmen zur Verbesserung geplant werden.

  

Als Hilfsmittel zur Eigenkontrolle wurde eine App entwickelt 

Mit Hilfe dieser kann die Datenaufnahme z. B. Verhalten der Tiere, Verletzungen, Verschmutzungen, Körperkondition, Fortbewegung usw. sehr leicht

durchgeführt werden. Nach Beendigung des Bestandsrundgangs erhält der Landwirt sofort eine detaillierte Auswertung seiner Ergebnisse. Diese können am Smartphone dargestellt oder auch ausgedruckt und somit sehr gut zur Dokumentation genutzt werden.

 

In Bezug auf das Tierwohllabel stellte Frau Benz ganz deutlich heraus, dass

die Vorgaben hierfür vom Lebensmitteleinzelhandel kommen werden, welche über

denen des Gesetzgebers stehen werden.

 

Fazit: „Es wäre fahrlässig auf tierbezogene Indikatoren zu verzichten“.

Auch stellte Frau Benz kurz das Q-Wohl-Projekt vor. Das „Q-Wohl“-Label basiert auf drei Säulen.

Dabei gelten Mindeststandards für die:

  • Haltungsverfahren
  • Managementanforderungen
  • tierbasierte Indikatoren

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Homepage des Staatsministeriums Baden-Württemberg unter „Bericht zum Pilotprojekt Q-Wohl für ein Milch-Label veröffentlicht“.

 

Der zweite Vortrag von Sibylle Möcklinghoff-Wicke, Innovationsteam Milch Hessen

"Schlauchlüftung – Neues Lüftungssystem in Kälber und Rinderställen"

zeigte die Bedeutung von "guter" Luft gerade für die Lebensleistung

einer Kuh auf. Dabei entspricht „einmal husten 50 Liter weniger Lebensleistung.“

Das erschreckende dabei ist, dass 25 % aller Kälber im ersten Lebensjahr

nachweislich unter Atemwegserkrankungen leiden. In Bezug auf die Kälberhaltung

geht die Entwicklung gerade im Hinblick auf den Bewirtschafterkomfort weg von

den Iglus hin zu einer Haltung im Kälberstall.

 

Allerdings gibt es hier die Herausforderung:

  • immer frische Luft!
  • nicht zu viel!
  • nicht zu wenig!

Frau Möcklinghoff-Wicke machte klar, dass ein Ventilator ein reiner "Stallluft-Quirl" ist und keinen positiven Beitrag in Bezug auf die Verbesserung des Stallklimas liefert.

Was verbirgt sich eigentlich unter Positiver Druckbelüftung (PPT)? Ein PPT hat das Ziel „frische Außenluft über Ventilator und Schlauch mit Luftlöchern an das Kalb heranzuführen (permanent)“.

Die Vorteile einer Schlauchlüftung sind, dass die Luftzufuhr gezielt geplant und realisiert werden kann und dieses System jederzeit in bestehende Ställe nachgerüstet werden kann. Außerdem kann ein gut belüfteter Stall helfen den Keimgehalt signifikant zu senken, da schlechte Luft „hinaus gedrückt“ wird. Realisiert wird dies durch Ventilatoren, Tubes und das Material für die Befestigung.

 

Zum Punkto Kälberhaltung: Das Ergebnis einer amerikanischen Studie zeigt,

dass je größer eine Kälberbox ist, desto geringer die Keimbelastung. Außerdem ist für die Kälbergesundheit die Dicke der Einstreu von großer Bedeutung. Je dicker eingestreut wird, desto gesünder ist das Kalb. Daher die Empfehlung: Kälber sollten im Stroh liegen und nicht auf dem Stroh. Auch verringern feste Trennwände zwischen den Kälbern den Keimdruck. Aufgrund der Forschungsergebnisse hat die Firma Patura eine "Kälbergesundheitsbox" entwickelt, welche auf die Anforderungen eines Kalbes angepasst ist --> Luft, Licht, Platz

 

Die Vorteile von Tubes

  • Reduktion der Atemwegserkrankungen um 50 - 75 %
  • Reduktion des Antibiotikaeinsatzes um 70 - 85 %
  • Kälber ohne respiratorische Erkrankungen wachsen schneller und geben als Kühe mehr Milch

Fazit: Das System ist hoch komplex und bedarf einer genauen Planung. Richtig

umgesetzt sind positive Entwicklungen zu erwarten. Das System der VetSmartTubes ist auch für die Belüftung von Kuhställen geeignet.

 

 

Frau Dr. Martina Bühlmeyer, Landratsamt Ostalbkreis stellte aktuelle Themen zu

Tierschutz, Cross Compliance Tier und dem Bereich Veterinärwesen vor. Das Verbot zur Schlachtung hochträchtiger Tiere ist bereits in Kraft. Ein Verstoß

stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn ein trächtiges Tier im letzten Drittel der Trächtigkeit geschlachtet wird. Die Verantwortung liegt dabei beim Tierhalter. Wird ein Tier im letzten Trächtigkeitsdrittel geschlachtet, wird dieser Befund der zuständigen Behörde mitgeteilt.

 

In der Öffentlichkeit wird immer wieder die Anbindehaltung diskutiert. Im

Moment ist die Anbindehaltung in Deutschland nicht explizit verboten.

Allerdings gibt es Seitens der Beratung Bestrebungen den Tieren bessere

Bedingung an ihrem fixen Platz zu bieten, da sie ja nicht selbstständig den

Platz wechseln können. Erreicht wird dies durch eine „Initiative zur Verbesserung des Kuhkomforts in Anbindeställen“. Die Landwirte können im Rahmen

dieses Projekts verschiedene Hilfestellungen und Beratungsempfehlungen

einfordern. Gerne können Sie als Landwirt dieses Angebot annehmen.

 

Da grundsätzlich das Amputationsverbot gilt, worunter auch das Enthornen

fällt, darf der Eingriff im Einzelfall nur vorgenommen werden, wenn dies für

die vorgesehene Nutzung unerlässlich ist und die Rinder jünger als 6 Wochen

sind. Wenn eine Enthornung durchgeführt wird, darf das nur unter Sedation,

lokaler Betäubung und zusätzlicher Gabe eines Schmerzmittels gegen den

postoperativen Schmerz erfolgen. Die Lokalanästhesie darf nur durch einen Tierarzt vorgenommen werden. Unter diesen Voraussetzungen ist die Enthornung für das Tier mit wesentlich geringeren Schmerzen verbunden. Nach CC-Recht muss das Enthornen mit Sedation und der Gabe von Schmerzmitteln

durchgeführt werden. Der Medikamenteneinsatz muss dokumentiert werden.

 

Auch Frau Bühlmeyer empfiehlt die Dokumentation der Eigenkontrolle, wobei

Tierschutzindikatoren erhoben und bewertet werden müssen.

 

Seit 06.06.2017 ist Deutschland BHV-1 frei. Die BHV-1-Freiheitsbescheinigungen gelten unbefristet. Die Bescheinigung ist zum Verbringen nicht zwingend vorgeschrieben, allerdings dürfen nur BHV-1-freie Rinder eingestellt werden. Daher zum Nachweis stets die BHV-1-Bescheinigung vorlegen lassen!

 

Die wichtigsten Eckpunkte zur neue Düngeverordnung und die Auswirkungen auf die milchviehhaltenden Betriebe erläuterte Jörg Messner, LAZBW Aulendorf. Eine Düngebedarfsermittlung muss VOR der Ausbringung der ersten Gülle bzw. des ersten Mineraldüngers für jeden Schlag bzw. Bewirtschaftungseinheit (gleiche Vorfrucht, Hauptfrucht, gleiche Bodenverhältnisse) erstellt werden. Ein Programm zur Düngebedarfsermittlung finden Sie unter www.duengung-bw.de.

 

Die Pflicht zur bodennahen Gülleausbringung gilt ab 01.02.2020 für bestellte

Äcker und ab 01.02.2025 für Grünland/Feldfutter. Breitverteiler sind ab dann

verboten. Außer bei der Aufbringung auf unbestelltem Ackerland hier gilt:

Einarbeitung innerhalb von 4 Stunden ODER wenn naturräumliche und agrarstrukturelle Besonderheiten eine bodennahe Ausbringung unmöglich machen (z. B. steile Hanglagen, Streuobstwiesen, etc.). Hierfür ist eine Genehmigung vom

Landwirtschaftsamt erforderlich. Im Hinblick auf die Ausbringungstechnik ist

daher frühzeitig nach Lösungen suchen (Lohnunternehmer, Maschinenring,

Eigenmechanisierung). Es ist auch eine Förderung der Ausbringungstechnik

im AFP möglich --.> 20 % der Nettoinvestition. Laut Herrn Messner eignet sich für die Ausbringung am Grünland am besten der Schleppschuhverteiler. Er sagt aber auch ganz klar, dass mit unverdünnter Gülle KEINE bodennahe Technik zufriedenstellend funktionieren

wird --> Gülle/Gärrest behandeln zur Verbesserung der Fließfähigkeit.

 

Erforderliche Lagerkapazität aller Wirtschaftsdünger (inkl. Biogasgärreste):

  • mind. 6 Monate
  • mind. 9 Monate bei mehr als 3 GV/ha oder Betriebe ohne eigene Ausbringungsflächen (ab 01.01.2020)
  • Ausnahme: Festmist von Huf- und Klauentieren/Kompost: mind. 2 Monate (ab 01.01.2020)

Hierbei sind unbedingt die anfallenden Mengen an Niederschlags- und Abwasser und Silagesickersäften sowie verbleibende Lagermengen, die nicht abgepumpt werden können, zu berücksichtigen. Für die Berechnung der notwenigen Lagerkapazität und der „Auslastung“ dieser übers Jahr gibt es ein Planungsprogramm „LAKA“.

LaKa_Vers_1_1.xlsx
Microsoft Excel Tabelle 125.7 KB

Fazit: Gülleausbringung verlagert sich noch stärker ins Frühjahr --> ausreichend Schlagkraft/verfügbare Technik/Akzeptanz?

 

Die Stickstoffobergrenze von 170 kg N/ha bleibt bestehen. Allerdings werden die Gärreste aus Biogasanlagen zu 100 % mit einberechnet. Hierbei spielt es keine Rolle wie viel pflanzlichen Anteile verwendet werden. Die Bilanzierung bzw. Kontrolle der Düngung erfolgt über den Nährstoffvergleich, der zukünftig eine plausibilisierte Flächenbilanz für Grobfutterflächen darstellt. Das heißt, dass auf den Grobfutterflächen der Nährstoffentzug über die Aufnahme der Tiere, dem Futterverkauf und dem Futterzukauf berechnet wird.

 

Hierbei gelten ab 2018 neue zulässige Bilanzüberschüsse/ha:

  • + 50 kg N im 3-jährigen Durchschnitt
  • +10 kg P2O5 im 6-jährigen Durchschnitt

Fazit: Wenn nach N-Bedarf und nach den Vorgaben der DüV gedüngt wird, werden häufig die Bilanzgrenzen nicht eingehalten à bereits bei der  Düngebedarfsrechnung/Düngung an die möglichen Folgen für den Nährstoffvergleich denken --> Mineraldünger anpassen --> Effizienz der organischen Düngung erhöhen (Stichwort Herbstgülle)

 

Das Erstellen einer Stoffstrombilanz ist für folgende Betriebe Pflicht: 

 

Stoffstrombilanz

ab 2018

für Betriebe, die

> 2,5 GV/ha und > 30 ha LN oder > 50 GV haben

oder Betriebe, die

Wirtschaftsdünger oder Gärreste aufnehmen (> 750 kg N/Jahr)

Stoffstrombilanz

ab 2023

für Betriebe, die

> 20 ha LN oder > 50 GV haben

oder Betriebe, die

Wirtschaftsdünger oder Gärreste aufnehmen (> 750 kg N/Jahr)

 

Ein Programm zur Berechnung der Stoffstrombilanz wird ab Anfang des Jahres 2019 zur Verfügung stehen.

 

Alle Unterlagen des Rindertags finden Sie im Login-Bereich unserer Homepage. (Login: BDOstalb)